Costa del Sol - Vereidigte Übersetzer und Dolmetscher sind Mangelware
Die Radiosender an der Costa del Sol sind ein kunterbuntes Gemisch aus englischen, deutschen und spanischen Sendern. In Nerja trinken nachmittags um 17 Uhr Engländer Tee, Torrox Pueblo schläft zu der Zeit noch eine andalusisch ausgedehnte Siesta, in Torrox Costa gehen derweil rüstige deutsche Pensionäre am Strand spazieren. Dieses Mosaik aus verschiedenen Kulturen und Sprachen kann sehr interessant und bereichernd sein. Verwirrend wird es aber, wenn in den unmöglichsten Situationen plötzlich niemand mehr Deutsch oder Englisch versteht. Wo Übersetzer zu finden sind, welche von ihnen auch in Spanien anerkannt sind und wieviel eine Übesetzung kosten kann: ich habe mich umgehört.
Viele Deutsche an der Costa del Sol verfügen nach längeren Spanienaufenthalten über einen gewissen spanischen Sprachschatz: Zumindest in Alltagssituationen können sie sich einigermaßen in der Fremdsprache verständlich machen. Worte wie Café con Leche, um das Frühstück zu bestellen, Gasolinera (Tankstelle) oder natürlich Buenos días gehören oft zum Basisvokabular selbst jener, die bisher noch keinen Sprachkurs belegt haben. Gelegentlich kann es aber selbst an den “eingedeutschten” Küstenabschnitten notwendig werden, einen Übersetzer heranzuziehen. Zum Beispiel wenn es um Immobilienkauf, Aufenthaltsgenehmigung (Residencia) oder ärztliche Diagnosen geht.
Vorsicht bei der Auswahl des Übersetzers
Doch nicht jeder, der sich im Telefonbuch oder anderweitig als Übersetzer anpreist, ist zu aller Art von Übersetzungen berechtigt. In Spanien darf grundsätzlich jeder als Übersetzer arbeiten, der über das notwendige Fachwissen verfügt. Im Gegensatz zu Deutschland ist aber nur ein vom spanischen Außenministerium vereidigter Übersetzer/Dolmetscher berechtigt, auch offizielle Übersetzungen zu erledigen. “Offiziell” bedeutet, daß in letzter Instanz der spanische Staat für die Übersetzung bürgt. Dies ist zum Beispiel bei Gerichtsverhandlungen der Fall.
In der Praxis sehen die Behörden das allerdings oft nicht so eng. Aus einem einfachen Grund: Vereidigte Übersetzer und Dolmetscher sind – zumindest an der Costa del Sol – Mangelware. Das führt nicht selten zu Fehlübersetzungen, erklärt Antonio Cerezal Caballero aus Torre del Mar, vereidigter Übersetzer und Dolmetscher für die deutsche und spanische Sprache.
Cerezal ist eine Art Übersetzer-Idol am Küstenhimmel. Sein Name ist an der ganzen östlichen Costa del Sol ein Begriff; die “kleineren” Übersetzer in der Umgebung erwähnen ihn geradezu mit Ehrfurcht. Der Grund: Cerezal darf sich sowohl in Deutschland als auch in Spanien Übersetzer nennen, hat mehr als zwanzig Jahre in der Bundesrepublik gelebt und ist trotz spanischer Nationalität der Prototyp des “korrekten Bürokraten”. Er übersetzt in erster Linie Bau- und Immobilienverträge, persönliche Dokumente oder begleitet seine Kunden vor Gericht.
Und Cerezal weiß, dass viele unverantwortliche Übersetzer den Markt überschwemmen. Er möchte gar nicht an manche Scharlatane denken, die zum Beispiel beim Häuserverkauf zwischen Spaniern und Deutschen “katastrophal” dolmetschen, während sich die Kunden in dem Glauben wiegen, das Anliegen werde gerade perfekt übersetzt. “Manch einer dieser ‘Übersetzer’ fragt mich gar um Rat oder bittet mich, seiner Übersetzung später den offiziellen Stempel aufzusetzen”, äußert Cerezal mit verständlicher Empörung. Und niemand ersetzt das Geld, das der Kunde für die Übersetzung bereits bezahlt hat, wenn die Behörden diese schließlich als “nicht vorschriftsgemäß” ablehnen.
Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hält sich Cerezal auch konsequent an die von der andalusischen Provinzregierung herausgegebenen “Richtpreise für Dolmetscher und Übersetzer”.
Copyright © ProZ.com, 1999-2024. All rights reserved.